Haus in Gruiten
Fertigstellung 2007
Durch den Umbau des Seitentrakts einer Hofanlage aus dem 19. Jahrhundert wurde eine neue Wohneinheit geschaffen, die sich vom Eingang aus zum Garten und zur umgebenden Landschaft hin entwickelt. Die neu eingefügten Elemente – Flure, Treppen und Wohnzimmer – fokussieren durch Weitungen und Verengungen den Gartenbereich mit Bach und Wiese. Dramaturgie der Bewegung Paradigmatisch beweist das Entwurfskonzept, wie sich aus räumlichen Restriktionen Kapital schlagen lässt: Anstatt die Raumfolge des Hauptgeschosses in ein grosszügigeres Gefüge zu überführen, entschied sich die Architektin dazu, die Querwände beizubehalten und das Problem des Grundrisses und der Erschliessung lediglich durch den Bypass eines parallel zur fensterlosen Aussenwand geführten Korridors zu entschärfen. Betritt man den Anbau seitlich des Haupthauses, so saugt die Achse den Besucher in die Tiefe des Hauses und belohnt ihn mit Licht am Ende des Tunnels. Leicht schräg ausgreifend, führt eine Freitreppe inmitten der neuen Wohnhalle in die Tiefe, auf die untere Wohnebene. Von hier aus geht der Weg zurück auf einstigem Kellerniveau, vorbei an Küchen- und Badzone; eine zweite Treppe bindet die untere Achse an das Vestibül an, sodass sich ein Rundgang ergibt, der die Passage durch das Haus zum Kreislauf werden lässt. Die leicht schräg gestellten Innenwände bewirken, dass sich die Proportionen von Schritt zu Schritt verändern; das Haus wird als ein dynamisches Raumgefüge erlebbar. Vom Eingang aus verjüngt und verdüstert sich der obere Korridor, zusätzlich in Bewegung gebracht durch die am Ende gleichsam herniederstürzende Decke, um sich sachte spreizend vermittels der Treppe in den lichten Hauptraum zu ergiessen. Hier findet die Entwurfsidee Sinn, Vollendung und Legitimation: Die orthogonale Geometrie, welche das bestehende Ensemble bestimmt, scheint einem freien Spiel der Flächen gewichen zu sein. Doch keineswegs herrscht Willkür: Die schräg gestellten Wände, bis auf das massive Widerlager des Dachs in Glas aufgelöst, perspektivieren die Blicke. Die diagonal die Terrasse abschneidende Glasstirn, die leicht einwärts geneigte Glasfront im Westen – sie inszenieren die Blicke auf das, was den Reiz der Situation ausmacht: die Sicht auf das Tal des geschwinde rauschenden Bachs mit seiner üppigen Vegetation; und des Winters auf die hinter dem Geäst sich abzeichnenden Weiden des gegenüberliegenden Hangs. Steht man unten, tief im Taleinschnitt, so zeigt sich der Anbau oberhalb der Terrassensubstruktion als erhebliches Volumen; blickt man von der Mittelachse des Haupthauses aus hinunter, so verschwindet er nachgerade hinter dem bestehenden Volumen des Anbaus. Susanne Kohte hat das klassizistische Weiß des Haupthauses fortgeführt; es zieht sich über die Front des Seitenflügels und erklimmt selbst das geknickte Dach der Erweiterung, die man je nach Sichtweise als zurückhaltenden Gartenpavillon oder als durchaus monumentale Wohnhalle verstehen kann. Wechsel der Perspektiven, Hubertus Adam, Archithese 6/2007 Fertigstellung des Projektes in Gruiten 2007
Leistungen: Entwurfsplanung, Baugenehmigung, Ausführungsplanung, Bauleitung
Fotos: Udo Meinel, Hubertus Adam, Susanne Kohte
Gartengeschoss
Erdgeschoss